Verkehrsordnungswidrigkeiten - Übersicht
Das Recht der Verkehrsordnungswidrigkeiten dient der Sicherheit des Straßenverkehrs, insbesondere der Verhinderung von Unfällen. Bei mehr als 2,5 Million Verkehrsunfällen im Jahr mit erheblichen Sach- und Personenschäden ist dies auch dringend notwendig.
Was aber genau hat man sich unter einer Verkehrsordnungswidrigkeit vorzustellen? Welche Folgen kann ein Verstoß gegen Verkehrsregeln haben und was ist zu tun, wenn Sie einen Anhörungsbogen erhalten haben?
Das Wichtigste
- Verstöße gegen Straßenverkehrs-Vorschriften, die keine Straftat sind, können als Verkehrsordnungswidrigkeit verfolgt werden.
- Die Verwaltungsbehörde hat hierbei im Rahmen eines pflichtgemäßem Ermessens zu prüfen, ob sie ein Verfahren einleiten will oder nicht, d. h. es gilt das Opportunitätsprinzip.
- Die Behörde kann den Beschuldigten verwarnen, ein Bußgeld festsetzen oder neben dem Bußgeld ein Fahrverbot verhängen.
- Das Bußgeldverfahren beginnt mit der Anhörung.
- Gegen einen erlassenen Bußgeldbescheid kann binnen zwei Wochen Einspruch eingelegt werden.
- Wird dem Einspruch nicht abgeholfen, entscheidet das Amtsgericht.
Grundlagen
Das Recht der Verkehrsordnungswidrigkeiten dient in erster Linie der Verkehrssicherheit. Die Einhaltung der gesetzlich bestimmten Verkehrsregeln muss sichergestellt werden, um die Risiken des Straßenverkehrs so gering wie möglich zu halten.
Hierbei reichen die möglichen Verstöße von geringeren Vergehen wie einem bloßen Parkverstoß bis zu ganz erheblichen Gefährdungen anderer, etwa durch einen alkoholisierten Fahrer.
Im Jahr 2015 wurden mehr als 2,5 Million Verkehrsunfälle polizeilich aufgenommen. Hierunter waren mehr als 300.000 Unfälle mit Personenschaden. Die häufigsten Unfallursachen waren hierbei zu hohe Geschwindigkeit und unangemessener Abstand.
Die Ahndung von Verstößen gegen Vorschriften der Verkehrssicherheit stellt also ein Massenverfahren dar, so dass im besonderen Maße auf ein vereinheitliches und beschleunigtes Verfahren hingewirkt wurde.
Verkehrsordnungswidrigkeiten werden von Verwaltungsbehörden durchgeführt. Dies sind im Bereich des Straßenverkehrs die Polizei und die Ordnungsbehörden, insbesondere die Straßenverkehrsämter.
Voraussetzung ist, dass es sich nicht um eine Straftat handelt, für die die Staatsanwaltschaften zuständig sind.
Wann liegt eine Verkehrsordnungswidrigkeit vor?
Die Ahndung einer Verkehrsordnungswidrigkeit ergibt sich in erster Linie aus § 24 Straßenverkehrsgesetz.
Nach dieser Vorschrift handelt ordnungswidrig, wer gegen eine auf Grundlage des Straßenverkehrsgesetzes erlassene Rechtsverordnung verstößt.
Dies sind im Wesentlichen:
- die Straßenverkehrsordnung (StVO)
- die Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV)
- die Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO)
- die Fahrerlaubnisverordnung (FeV)
Diese Verordnungen verweisen ausdrücklich auf § 24 StVG, so daß nahezu alle Verstöße gegen diese Verordnungen als Verkehrsordnungswidrigkeit geahndet werden können.
Von hervorzuhebender Bedeutung sind hierbei Verstöße gegen die im Bußgeldkatalog festgesetzten Regelverstöße.
Hierzu gehören etwa Geschwindigkeitsverstöße, zu geringer Abstand und Fehler beim Überholen, aber auch Parkverstöße.
Welche Rechtsfolgen hat eine Verkehrsordnungswidrigkeit?
Die wesentlichen Rechtsfolgen einer Verkehrsordnungswidrigkeit sind
- die Verwarnung
- das Bußgeld
- das Fahrverbot
Zudem werden bestimmte Verstöße in das Fahreignungsregister (FAER), früher Verkehrszentralregister genannt, eingetragen. Dies ist zwar keine eigentliche Sanktion, kann aber dennoch erhebliche Folgen, bis zur Entziehung der Fahrerlaubnis haben.
Opportunitätsprinzip
Anders als bei Verstößen gegen Strafvorschriften, die von den Strafverfolgungsbehörden verfolgt werden müssen, gilt im Recht der Ordnungswidrigkeiten das sogenannte Opportunitätsprinzip. Das heißt, dass die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde liegt.
Die Verwaltungsbehörde kann also von einer Ahndung absehen. Dies kann zum einen bei ganz geringfügigen Verkehrsverstößen ohne Gefährdung oder Schädigung anderer der Fall sein. Auch bei erheblicher Schädigung des Täters selbst kann von einer Ahndung abgesehen werden, zum Beispiel wenn ein Fußgänger bei Rot auf die Fahrbahn läuft und erheblich verletzt wird. Bei schwieriger Sachlage, deren Aufklärung ganz erheblichen Aufwand bedeuten würde, kann ebenfalls von einer Verfolgung abgesehen werden.
In Verwaltungsvorschriften zur Verfolgung von Verkehrsverstößen werden außerdem Umstände, die das Verhalten des Täters noch als entschuldbar erscheinen gelassen und Menschen mit Behinderung, Hilfsbedürftige, besonders schwierige Verkehrsverhältnisse, Ortsfremde als Beispiele genannt.
Zudem kann die Verwaltungsbehörde das Verfahren einstellen, solange es bei ihr anhängig ist.
Expertentipp:
Wird Ihnen nach einem solchen geringfügigen Verkehrsverstoß von der Ordnungsbehörde eine Verwarnung angeboten, ist es ratsam die Einstellung des Verfahrens zu beantragen.
Verwarnung
Bei nur geringfügigen Verkehrsordnungswidrigkeiten kann von der Verwaltungsbehörde eine Verwarnung ausgesprochen werden. Diese stellt die schwächste Reaktion auf Verkehrsverstöße dar. Sie soll den Verkehrsteilnehmer nachhaltig an die Einhaltung der Verkehrsregeln erinnern.
Die Verwarnung kann ohne Verwarnungsgeld ausgesprochen werden.
Wird sie mit einem Verwarngeld ausgesprochen, kann dieses zwischen 5 Euro und 55 Euro liegen.
Die Verwarnung kann an Ort und Stelle erfolgen, zum Beispiel von Polizeibeamten, die einen Unfall aufnehmen oder später von der Straßenverkehrsbehörde ausgesprochen werden.
Die Verwarnung ist nur wirksam, wenn der Verkehrsteilnehmer zuvor eine Belehrung über sein Weigerungsrecht, sich mit der Verwarnung einverstanden zu erklären, erhalten hat.
Außerdem muss das Verwanungsgeld entweder sofort oder aber binnen einer Woche an die Ordnungsbehörde gezahlt werden.
Erklärt sich der Verkehrsteilnehmer mit der Verwarnung nicht einverstanden oder zahlt er diese nicht fristgemäß, wird ein Bußgeldverfahren gegen Ihn eingeleitet. In diesem kann eine höhere Geldzahlung festgesetzt werden; zudem fallen hier weitere Kosten an.
Bußgeld
Die Geldbuße wird von der Verwaltungsbehörde in einem Bußgeldbescheid festgesetzt.
Sie kann bei vorsätzlichem Handeln bis zu 2.000,00 Euro und bei fahrlässiger Begehung bis zu 1.000,00 Euro betragen.
In gesetzlich bestimmten Fällen kann auch eine höhere Geldbuße festgesetzt werden. So zum Beispiel bei Handel mit nicht genehmigten Kfz-Bauteilen oder Verstößen gegen die 0,5 Promille-Grenze.
Die Höhe der Geldbuße richtet sich primär nach der Schwere des zur Last gelegten Verstoßes und der Schwere des Verschuldens.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters können berücksichtigt werden. Diese bleiben aber bei geringfügigen Verkehrsordnungswidrigkeiten außer Betracht.
Um der Masse an zu bearbeitenden Verkehrsordnungswidrigkeiten gerecht zu werden und eine gleichmäßige und zügige Abhandlung zu gewährleisten, wurde auf Grundlage der Bußgeldkatalog-Verordnung ein Bußgeldkatalog erlassen
In diesem wurden Regelsätze zur Bemessung von Bußgeldern festgesetzt, die für fahrlässig begangene Verstöße unter gewöhnlichen Umständen angewendet werden.
Praxisbeispiel:
Die ersten Einträge im Bußgeldkatalog lauten
lfd. Nr. | Tatbestand | Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) | Regelsatz |
1 | Durch Außer-Acht-Lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt | § 1 Absatz 2 § 49 Absatz 1 Nummer 1 | |
1.1 | einen Anderen mehr als nach den Umständen unvermeidbar belästigt | 10 EUR | |
1.2 | einen Anderen mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert | 20 EUR | |
1.3 | einen Anderen gefährdet | 30 EUR | 1.4 | einen Anderen geschädigt, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist | 35 EUR |
1.5 | Beim Fahren in eine oder aus einer Parklücke stehendes Fahrzeug beschädigt | § 1 Absatz 2 § 49 Absatz 1 Nummer 1 | 30 EUR |
Haben Sie fahrlässig einen Unfall verursacht, ohne dass weitere erschwerdene Umstände hinzutreten, wird also eine Verwarnung von 35 Euro festgesetzt.
Fahrverbot
Begeht ein Kraftfahrzeugführer unter grober oder beharrlicher Verletzung der Verkehrsregeln eine Verkehrsordnungswidrigkeit, kann gegen ihn ein Fahrverbot festgesetzt werden.
Das Fahrverbot wird zusätzlich zu einem Bußgeld verhängt.
Für verschieden Verstöße, insbesondere des Bußgeldkatalogs wird ein Fahrverbot in der Regel festgesetzt. Auch Verstöße gegen die 5-Promille-Grenze werden in der Regel mit einem Fahrverbot geahndet. „In der Regel“ bedeutet hierbei, daß nur in ganz besonderen Ausnahmefällen von der Festsetzung abgesehen wird.
Das Fahrverbot kann für einen Zeitraum von einem Monat bis zu drei Monaten festgesetzt werden.
Bei einem Fahrverbot wird der Führerschein in amtliche Verwahrung genommen. Während dieser Zeit darf der Täter keine Kraftfahrzeuge mehr im öffentlichen Straßenverkehr führen.
Nach Ablauf des Fahrverbotes wird der Führerschein zurückgegeben. Die eigentliche Fahrerlaubnis bleibt von dem Fahrverbot also unberührt.
Wurde gegen den Täter in den letzten zwei Jahren ein Fahrverbot nicht verhängt, kann er innerhalb eines Zeitraumes von 4 Monaten selbst bestimmen, wann das Fahrverbot beginnen soll. Das Fahrverbot beginnt dann mit der Abgabe des Füherscheins bei der Ordnungsbehörde.
In allen anderen Fällen beginnt das Fahrverbot mit Rechtskraft der Bußgeld-Entscheidung.
Überblick über das Bußgeldverfahren
Vor dem Erlaß eines Bußgeldbescheides muss dem Beschuldigten im Rahmen einer sogenannten Anhörung Gelegenheit gegeben werden, sich zu der Beschuldigung zu äußern. Mit der Anhörung beginnt das förmliche Bußgeldverfahren.
Gut zu wissen:
Sie müssen sich nicht zu dem Tatvorwurf äußern. Insbesondere sind Sie nicht verpflichtet sich selbst zu belasten. Angaben zur Person müssen aber gemacht werden.
Sodann prüft die Behörde, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Einlassung des Beschuldigten in der Anhörung, ob sie einen Bußgeldbescheid erläßt.
Hat der Beschuldigte einen Bußgeldbescheid erhalten, muss er diesen nicht hinnehmen. Bestehen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bußgeldbescheides, kann gegen ihn Einspruch eingelegt werden.
Hierfür besteht eine Frist von zwei Wochen.
Geht innerhalb der Frist ein Einspruch bei der Behörde ein, prüft sie erneut, ob er berechtigt war. Hält sie an ihrer Entscheidung fest, entscheidet das Amtsgericht über den Einspruch durch Beschluß. Gegen den Beschluß ist in bestimmten Fällen, wie zum Beispiel einer Geldbuße von mehr als 250,00 Euro, die Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht zulässig.
Expertentipp:
Geht ein Bußgeldverfahren in das gerichtliche Verfahren vor dem Amtsgericht über, sollten Sie sich unbedingt in anwaltliche Vertretung begeben. Das Bußgeldverfahren hat seine Tücken und Fallstricke, denen nur ein Experte wirksam begegnen kann.
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